Samstag, 17. Februar 2007

Einen Latte Macchiato und einmal Internet bitte!


Von dem Tisch, an dem ich meinen eigenen Laptop aufgeklappt habe, blicke ich durch eine 2x3 Meter Fensterscheibe auf die Piazza Trilussa in Trastevere und kann bei einem Latte Macchiato dank W-Lan grenzenlos im Internet rumsurfen! Yeah! Das heisst ab sofort wird losgebloggt wie auf ner wilden Vespa! Ab dem ersten März hab ich ja sogar Internet daheim, aber bis dahin ist dieses Café ne unschlagbare Alternative zu den ungemütlichen Internetcafés oder den uralten Rechnern in der Uni.
Nach furchtbar ärgerlichen Tagen mit der Vermieterin haben sich die Wogen geglättet. Sie hat mir heute sogar eine Rolle Klopapier spendiert! Oho! War den ganzen Morgen auf der Piazza Giovanni di Dio, fünf Minuten von meiner Haustür entfernt, unterwegs und habe italienisches Marktflair aufgesogen. Nur die Ecke, in der frischer Fisch verkauft wird, ist geruchstechnisch noch etwas gewöhnungsbedürftig. Warum funktioniert das eigentlich bei uns in Deutschland nicht? Obst und Gemüse und frischer Käse ist hier im Supermarkt viel teurer, am Markt dagegen kostet das Zeug fast nichts! Und wir rennen daheim nur zum Aldi, weil sich keiner die Kilopreise vom Markt leisten kann. /// Jetzt sollte ich langsam mal kreativ werden, bin heute Abend bei meiner zukünftigen WG auf Faschingsparty eingeladen und hab noch keinen blassen Schimmer was ich machen könnte. Zur Not stöbere ich mal den wuchtigen Wandschrank in meinem Zimmer durch! Da hängt ja noch der gesammelte Hausrat von den beiden geflüchteten Ehemännern der Vermieterin. Mit der Garderobe könnte ich immerhin als erstklassiger Hippie gehen!

Mittwoch, 14. Februar 2007

Gewissensbisse – Rimorsi


Che Pizza! Bin genervt. Warum ist es so schwer einfach die Wahrheit zu sagen: Ich will hier nicht wohnen. Immer nur deutsch sprechen, dafür bin ich nicht nach Rom gekommen. Außerdem schlafe ich nachts kaum, weil sich in sämtliche Körperöffnungen, Poren und Nasenschleimhäute diese fiesen Katzenhaare bohren. Meine Augen schreien „raus hier!“ und sind aus Protest den ganzen Tag rostrot geschwollen. Die Zusage für die neue WG habe ich schon seit drei Tagen. Das ist nicht das Problem. Das Problem ist vielmehr meine Vermieterin Ruth, die bis mindestens Ende April mit den Mieteinnahmen rechnet. Ich hab einfach so ein scheiß schlechtes Gewissen. Che merda! Das kann ja wohl nicht so schwer sein, reinen Tisch zu machen!? Doch, kann es: Und zwar wenn sie mit dir in derselben Wohnung lebt. „Du Ruth, Ich musste heute Nacht schon ins Krankenhaus eingeliefert werden, weißt schon, Allergieschock und so…“ Ausrede Nummer eins wird sofort verworfen, ziemlich unrealistisch, dass sie den Abtransport nicht mitbekommen hätte. Wie wär’s mit einem tränenüberströmten: „Bei mir daheim geht`s drunter und drüber! Ich kann das auf die Schnelle nicht erklären.“ Luft holen, laut auf jaulen und dann käme das krönende: „Ich muss mein Erasmussemester sofort abbrechen.“ Schwachsinn.
Dann erinnere ich mich, dass von der Katze in unseren Vorgesprächen nie die Rede gewesen ist. Ich atme tief durch, bevor ich in die Küche komme, wo sie gerade ihr Abendessen macht und sage, dass wir mal reden müssen. „Haette ich gewusst, dass hier eine Katze in der Wohnung lebt, hätte ich das Zimmer gar nicht genommen“, erkläre ich ihr, während ich alibihalber meinen Salatkopf traktiere. Noch bevor sie etwas antworten kann füge ich noch schnell hinzu, dass ich eine WG in Aussicht habe. Dass ich die Zusage längst habe, verschweige ich diplomatischerweise erstmal lieber. Ihre Reaktion ist erstaunlich gelassen. Sie erzählt mir von einem anderen Mieter mit Allergie, der es vier Monate ausgehalten hat und fragt sogar noch, wo die andere WG denn sei. Dio, sono cosi sollevata!

Beh, che cosa fai, Anna?


„Alle Wege führen nach Argentina“, denke ich und steige mutig in den nächstbesten Bus um von der Uni wieder zurück zur der Endhaltestelle zu kommen, von der ich mit der Tram nach Trastevere fahren kann. Bus 46 fährt nicht zur Argentina, das habe ich immerhin herausgefunden. Nach zehn Minuten fleißigem aus dem Fenster kucken, mit der Hoffnung irgendein bekanntes Straßenbild zu erkennen, springe ich aus dem Bus, bevor ich ganz verloren gehe. Während ich mich noch hinter dem quadratmetergroßen Stadtplan verstecke, hält am Straßenrand ein älterer Herr mit seinem Roller an und fragt ob er mir helfen kann. „Ich hab keine Ahnung wo ich gerade bin, will aber nach Trastevere“, antworte ich so gut es geht auf Italienisch. „Hast du Angst?“, fragt er nur und deutet auf den Sozius. Bevor ich noch nachdenken kann, was die klügste Antwort wäre, kommt ein fast schon entrüstetes „Angst? Nein, ich fahr doch selber Vespa!“ aus mir raus geschossen. Und schon werde ich quer durch Rom chauffiert (Sorry Mama!)

Beim Warten im Ufficio Entrate Roma 1, wo ich mir eine Steuernummer ausstellen lassen muss, mache ich schon die nächste Bekanntschaft: Ilaria, ein römische Studentin, die fasziniert von der deutschen Sprache ist: „Deutsch klingt so melodiös, so ähnlich wie Französisch!“, schwärmt sie. Bisher habe ich immer nur gehört Deutsch klinge abgehackt und unfreundlich. Na gut. Im Volk der Wartenden ist alles verteten: Die Afrikanerin im Leoparden-Kunstpelz leiht sich den Kugelschreiber von der Studentin im rosa Rollkragenpulli. Zwei Nonnen weiter vorne haben ihren Aufruf verpasst und diskutieren nun mit einem Beamten rum. Der rumänische Geschäftsmann links neben mir hilft mir das schlecht kopierte Formular auszufüllen. Vor mir warten noch 83 Leute, eine davon ist Ilaria. Nach überstandenem Amtsgang gehen wir unseren ersten gemeinsam Kaffee trinken.